366 Tage - 366 Geschichten von Gedankenchaotin (366 Tage Challenge 2024) ================================================================================ Kapitel 134: 13.05.2024 - vermeiden ----------------------------------- Mit bebenden Schultern stand Oswald vor dem Bild seiner Frau Annemarie. Erst vor wenigen Tagen hatte Annemarie ihn verlassen und alles, was ihm geblieben war, waren gemeinsame Erinnerungen. “Es hat keinen Sinn mehr, Oswald. Meine Gefühle für dich sind nicht mehr stark genug”, hallte ihre Stimme durch seine Gedanken, während er das Bild betrachtete, dass Annemarie und ihn bei ihrer Hochzeit vor über zehn Jahren zeigte. Hatte er sich nicht gut genug um seine Frau gekümmert? Hätte er die Trennung vielleicht sogar vermeiden können? Hatte er sie vielleicht sogar so sehr vernachlässigt, dass Annemarie keinen anderen Ausweg mehr gesehen hatte? “Papa?” Als er die Stimme seiner Tochter Adriana in seinem Rücken hörte, drehte er sich nur langsam in ihre Richtung. Adrianas Augen weiteten sich, als sie die Tränen auf den Wangen ihres Vaters vernahm und sie trat sofort auf ihn zu, um ihn in eine Umarmung zu ziehen. “Habe ich etwas falsch gemacht?”, wollte Oswald leise wissen, woraufhin Adriana verwirrt blinzelte. “WIe kommst du darauf, dass du etwas falsch gemacht hast?” “Wegen deiner Mutter. Habe ich mich nicht genug um sie bemüht? Hätte ich die Trennung verhindern können, wenn ich viel mehr auf sie eingegangen wäre?” Bei den Worten ihres Vaters schüttelte Adriana sofort den Kopf und drückte ihren Vater wieder etwas von sich weg. “Mama hat sich für die Trennung entschieden, weil ihr nichts mehr gut genug war. Weil dieser Schnösel Rocco ihr das Blaue vom Himmel lügt. Du hättest überhaupt nichts vermeiden können!”, erwiderte die junge Frau, was eher dafür sorgte, dass ihr Vater sie mit großen Augen anstarrte. “Sie hat mich wegen eines anderes Mannes verlassen?”, hakte er verwirrt, aber auch verletzt nach und ließ direkt wieder die Schultern hängen. “Wusstest du das nicht?”, wollte Adriana genauso verwirrt wissen, wodurch ihr Vater den Kopf schüttelte. “Sie hat mir lediglich gesagt, dass ihre Gefühle für mich nicht mehr stark genug sind, aber von einem anderen Mann hat sie nichts gesagt”, entgegnete der Dunkelhaarige und stellte das Bild wieder an die Seite. “Vielleicht wollte sie vermeiden, dass du dich unnötig aufregst?”, versuchte Adriana ihren Vater zu beruhigen, erhielt diesmal jedoch ein Kopfschütteln. “Sie hätte vielleicht einfach nur die Wahrheit sagen sollen. Damit hätte sie vermieden, dass ich mir Gedanken darüber machen muss, ob ich etwas falsch gemacht habe. Stattdessen war sie diejenige, die die ganze Zeit ein falsches Spiel gespielt hat. Soll sie doch mit ihrem Rocco glücklich werden”, brummte der Dunkelhaarige und lief anschließend in die Küche, um einen großen Müllsack zu holen. “Was machst du?”, blinzelte Adriana verwirrt und beobachtete ihren Vater dabei, wie er den Kleiderschrank öffnete und ein Teil nach dem anderen in den Sack stopfte. “Vermeiden, dass deine Mutter weiterhin ein Teil meines Lebens ist”, gab ihr Vater nur knapp zurück, denn inzwischen war er nicht mehr nur verletzt, sondern auch wütend. Er stopfte den Sack bis oben hin voll und drückte ihn anschließend seiner Tochter in die Hand. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und ließ Adriana einfach mitten im Schlafzimmer stehen. Wohlwissend, dass seine Ehe damit ein Ende gefunden hatte, was er sich so nie gewünscht hatte. Was er aber auch nicht hatte vermeiden können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)